Rezension
Hermann Weil
Die Reise durch Italien. Stationen der Erinnerung
Edition Blaes 2023, 122 Seiten
ISBN 978-3-949192-14-2
Die Reise durch Italien: Stationen der Erinnerung von Hermann Weil ist mehr als nur ein Reisebericht – es ist ein fein verwobenes Mosaik aus Tagebuch, Roadmovie und Abenteuer. Zugleich ist es eine Hommage an seinen Vater, der Italien einst mit dem Motorrad erkundete, und an seine Mutter, die ihm als Kind einen Lavastein vom Ätna mitbrachte.
Gemeinsam mit seiner Frau Hermine und dem Hund im umgebauten Iveco-Kastenwagen unterwegs, nimmt Weil uns mit auf eine ungewöhnliche Route durch Italien. Statt den touristischen Klassikern zu folgen, führt er uns an vergessene Orte: abgelegene Dörfer, einsame Passstraßen, stille Landschaften – Schauplätze, die kaum jemand kennt und die gerade deshalb faszinieren. Sobald sich das Paar einer bekannten Sehenswürdigkeit nähert, etwa der Amalfiküste, ergreift es die Flucht – hin zu weniger bereisten Pfaden.
Die Reise beginnt in Deutschland und führt bis nach Ragusa in Sizilien, wo Hermine einen Kurs besuchen möchte. Zwei Monate nehmen sie sich Zeit – und in dieser Zeit entsteht ein liebevoll beobachtetes, detailreiches Porträt eines Italien jenseits gängiger Klischees: persönlich, sachlich, informativ und voller Überraschungen. Man erfährt dabei auch einiges über technische Raffinessen – etwa den Umgang mit einem nicht funktionierenden Navigationsgerät – und darüber, wie wertvoll eine einfache Landkarte gewesen wäre …
Der Kontakt mit den Einheimischen ist stets herzlich und freundlich – nicht zuletzt weil die beiden Reisenden abseits der Touristenströme unterwegs sind. Der Bus und das deutsche Kennzeichen wecken in entlegenen Ortschaften Neugier und Interesse. Offenbar verfügt Hermann Weil über die nötigen Italienischkenntnisse, denn die Begegnungen und der freundliche Austausch mit den Einheimischen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Reise: „Zu guter Letzt schaut sich der Wirt um, als ob er verfolgt würde, und zaubert noch eine Flasche Selbstgebrannten aus dem Schrank unter dem Tresen hervor. Er gibt uns mit verschmitztem Gesichtsausdruck zu verstehen, dass dieser Schnaps zwar auch aus eigener Produktion, aber nicht versteuert, nicht legal und nicht zum Verkaufen sei. Nur zum Trinken. Niemand weiß davon, nur er und wir, so sagt er, hält sich den Zeigefinger vor die Lippen, grinst und schenkt ein.“ (S. 60–61)
Reisen abseits durchgetakteter Tagesprogramme und vorgegebener Touren: Abreise- und Rückkehrdatum stehen fest, ebenso das Ziel Ragusa in Italien – alles andere ergibt sich unterwegs. Ein Buch für alle, die das Unterwegssein im Camper lieben.
Christa Prameshuber (2025)