Rezension

Sascha Wittmann

Alles Alltag

Septime Verlag Wien 2020

ISBN 978-3-902711-17-5

 

Alles Alltag – der Titel des Buches in der Auslage lockt ganz sicher nicht mit Spannung, Dramatik und Unterhaltung, dachte ich und wollte schon weitergehen, doch dann dachte ich daran, was Alltag eigentlich ist. Der Alltag ist die Bühne, auf der wir mehr oder weniger gut unser tägliches Stück spielen, in dem es um Zwänge, Anpassen und nicht zuletzt auch ums Überleben geht, eingefasst in ein Gespinst von Abhängigkeiten, das für viele immer dichter und bedrängender wird. Das für viele sich ständig verändernd, täglich oft nur in Nuancen zunehmend schwieriger wird, von Tag zu Tag, Alltag eben, bis er einem die Kehle zuschnürt und Tränen steigen läßt.

Er ist die Messlatte, an welcher sich die Menschen Tag für Tag bewerten lassen und die sie bewältigen müssen. Immer und immer wieder. Ist der eine Tag vorbei, so folgt der nächste. Und die Hürden wachsen. So unerbittlich, dass aus den sich unmerkbar steigernden alltäglichen Anforderungen Handlungen erwachsen, welche erst durch das Betrachten der Situation verstanden werden können.

Wie etwa Anna, die ihre alte Mutter pflegt, mit allen Belastungen, die solches mit sich bringt. Und mit dem Älterwerden der Mutter steigt die Belastung für Anna, immer mehr, sie stellt ihr Leben komplett um, bis sie es nicht mehr aushält und ….

…. oder die kleine Emily, deren Eltern ebenfalls Alltagsprobleme haben, solange, bis die Oma nicht erklären möchte, warum Mama und Papa ….

…. oder die Geschichte der kleinen Anuschka, die bei der Oma zurückbleibt, da ihrer Mutter nichts anderes übrigbleibt als sich zu ….     

Auf leisen, sachten Samtpfoten kommen diese Geschichten daher, ganz sanft, wie der Alltag, in dem man sich auskennt, und doch nicht ganz genau weiß, wie sich der nächste entwickeln wird. Durch die unprätentiöse Sprache, den klaren Verlauf der Handlungen dieser Geschichten wird Schritt für Schritt der emotionale Abgrund der Figuren entblößt, werden die Auswege aus den untragbar gewordenen Situationen verständlich – wenn auch nicht immer im Sinne des Gesetzes.

Mit diesen Geschichten, die einem mitunter den Atem rauben, seziert Sascha Wittmann meisterhaft den gesellschaftspolitisch gewollten Mummenschanz, den wir alle alltäglich aufführen.

In diesen Geschichten findet sich wohl so mancher selbst – ein gelungener Spiegel unserer ach so humanen Gesellschaft.       

 

Rezensent: Leopold Hnidek

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