Rezension

Leopold Hnidek

Die erste Stadt

Roman

Verlag Hollitzer, ISBN978-3-99012-589-2

 

Was macht ein Autor, der eigentlich Archäologe werden wollte und das aus wirtschaftlichen Gründen nicht geworden ist?  Er schreibt neben dem Brotberuf Romane, in welchen er sein Wissen unterbringen kann, schreibt also über Ausgrabungen und auch über seine Sorge um die wenigen noch als Nomaden lebenden Völker. „Die erste Stadt“ ist so ein Roman.

Die Ausgangslage: in der Sahara wurden rätselhafte Bauwerke entdeckt, offenbar durch eine Wanderdüne freigelegt.  Was dann passiert könnte aus einer Fernsehserie stammen: Israelis, US Amerikaner, Engländer, ja selbst der Vatikan bemühen sich darum, das Rätsel dieser Ruinenstadt zu lösen. Die handelnden Personen sich Stereotypen:  die Tee trinkenden Briten, der Amerikaner mit den Füßen auf dem  Schreibtisch etc. Aber bald wird es ernst, alle reisen in die Sahara, die Israelis bleiben im Sand stecken, ein Teil der US Armeeangehörigen  fällt in die Hände einer Räubern- und Mörderbande, die Briten reisen als Touristen an und der Herr aus dem Vatikan verkleidet sich als Araber. Und endlich tauchen auch die „Herren der Wüste“ auf – die Tuareg!

Mit großem Einfühlungsvermögen werden Sitten und Gebräuche dieses stolzen Wüstenvolkes geschildert. Vergleicht man  deren gegenwärtige Lebensbedingungen mit einem Buch über die Tuareg aus dem Jahr 1954 so wird die ganze Misere sichtbar. Damals konnte man von den Transporten mit Kamelkarawanen gut leben, sich von Oase zu Oase vorwärtsbewegen. Heute sind viele Oasen durch den Klimawandel verdorrt und die Brunnen ausgetrocknet. Transporte werden mit dem Flugzeug oder mit  Geländewagen erledigt. Es nimmt nicht wunder, dass manche Wüstenbewohner neue Einnahmequellen erschließen, indem sie Flüchtlinge aus dem Süden ans Mittelmeer geleiten, wohl wissend, dass Europe für diese Menschen auch nicht das gelobte Land ist.

Der Tuareg Djamil ist ein weiser alter Mann. Als Junge wollte er „an die Grenzen gehen“ und erkundete Nordafrika zwischen Atlantik, Mittelmeer und dem Nil, in Rückblicken lernt man seinen Werdegang kennen. Er kennt die Sahara, die Beschaffenheit des Sandes, die Standorte der Brunnen, die alten Mythen und  er kann das Rätsel um die „erste Stadt“ lösen.  Er sorgt sich um das Überleben seines Volkes, ja der Menschheit überhaupt, wenn erst die Erderwärmung genau so weiter fortschreitet.  Er deutet die Zeichen und verrät seinem Urenkel Raschid das geheime Wissen, das stets von den Ältesten von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

Die Schönheit der Sahara und die Probleme, verursacht durch die Klimakatastrophe, verpackt in einem Abenteuerroman also, den man als Lektüre nur empfehlen kann.

Anmerkung: auf dem Einband ist ein Pferd mit Reiter in einer Graslandschaft zu sehen – hat denn der Graphiker das Buch nicht gelesen?

 

Rezensentin: Elfriede Bruckmeier

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